Generative KI erschließt das Potenzial unstrukturierter Daten in der Versicherungswirtschaft
Generative KI (GenAI) hat das Potenzial, die Versicherungsbranche tiefgreifender zu transformieren als jede bisherige Automatisierungswelle.
„Die Versicherungswirtschaft basiert auf Daten – doch der Großteil davon liegt unstrukturiert vor”, erklärt Łukasz Cempulik, DWH- und BI-Architekt bei Striped Giraffe. „Wir sprechen von zehntausenden gescannten Dokumenten, handschriftlichen Formularen, medizinischen Gutachten, juristischer Korrespondenz, Fotos, Videos und Sprachaufzeichnungen – Daten, die bislang überwiegend manuell verarbeitet wurden.”
Dank großer Sprachmodelle (LLMs) und multimodaler KI können Versicherer diesen bislang schwer zugänglichen Informationspool nun systematisch erschließen. Ergebnis: präzisere, konsistentere Entscheidungen, kürzere Bearbeitungszeiten, geringere Kosten – und ein deutlich verbessertes Serviceerlebnis.
„GenAI automatisiert nicht nur Prozesse, sondern führt eine neue Ebene kognitiver Intelligenz ein”, so Cempulik weiter. „Es kann eine 40-seitige Krankenakte analysieren, mit aktuariellen Tabellen abgleichen und innerhalb von Sekunden relevante Risiken extrahieren. Diese Tiefe und Geschwindigkeit war bislang undenkbar.”
Fünf zentrale Anwendungsfelder für GenAI in der Versicherungspraxis
1. Risikoprüfung und Underwriting
Statt sich auf strukturierte Einzelwerte und Checklisten zu stützen, analysiert GenAI vollständige elektronische Patientenakten (EHRs), Laborwerte, Finanzberichte, Lifestyle-Daten, Sensordaten und – wo rechtlich zulässig – sogar soziale Medien.
Ein GenAI-Modell kann:
- Hunderte Seiten klinischer Dokumente per Natural Language Understanding interpretieren,
- relevante Risikofaktoren identifizieren,
- mit aktuariellen Modellen abgleichen und
- transparente Underwriting-Vorschläge generieren.
This leads to more accurate and objective risk assessments — and far faster turnaround times.
Praxisbeispiel: Ein führender deutscher Lebensversicherer nutzt GenAI für das Underwriting komplexer Fälle. Ergebnis: 60 % Zeitersparnis und eine signifikant verbesserte Risikosegmentierung.
2. Schadenbearbeitung
Ob handschriftliche Notizen, Fotos, Videos, PDFs oder Drohnenaufnahmen: Die Schadenbearbeitung ist reich an unstrukturierten Inhalten. GenAI kann diese Informationen strukturieren, auswerten und mit relevanten Entscheidungspfaden verknüpfen.
Versicherer nutzen GenAI für:
- Digitalisierung und Klassifikation eingereichter Unterlagen,
- strukturierte Schadensübersichten basierend auf Berichten und Beweismitteln,
- Identifikation von Lücken, Unstimmigkeiten oder Duplikaten,
- automatische Handlungsempfehlungen.
Praxisbeispiel: Ein niederländischer Kompositversicherer integriert GenAI in die Schadenbearbeitung. Ergebnis: 40 % schnellere Fallabwicklung.

3. Betrugserkennung
Betrugsversuche folgen oft semantischen Mustern. GenAI erkennt diese, indem es Sprache, Verhalten und Bildmaterial kombiniert analysiert.
Typische Funktionen:
- Identifikation sprachlicher Anomalien in E-Mails und Formularen,
- semantische Analyse historischer Betrugsfälle,
- Erkennung von Kommunikationsmustern bei Serienbetrug,
- Kooperation mit ML-Systemen zur Anomalieerkennung.
Praxisbeispiel: Ein skandinavischer Versicherer identifiziert mit LLMs koordinierte Betrugsnetzwerke anhand semantischer Ähnlichkeiten in Schadenmeldungen. Ergebnis: +28 % höhere Aufdeckungsquote.
4. Produktentwicklung
In dynamischen Märkten ermöglicht GenAI eine datengetriebene, reaktionsschnelle Produktinnovation:
- Analyse von Kundenfeedback, Callcenter-Protokollen und Social-Media-Posts,
- Benchmarking von Wettbewerbsangeboten,
- Generierung neuer Tarifideen oder Preislogiken,
- Simulation von Zielgruppenreaktionen mittels synthetischer Personas.
Praxisbeispiel: Ein Versicherer in Mitteleuropa entwickelt mit GenAI Mikroversicherungen für Freelancer. Zwei neue Produkte erreichen binnen neun Monaten die Gewinnzone.
5. Kundenservice
GenAI-basierte Assistenten verstehen Kontext, Absicht und Dringlichkeit – und reagieren entsprechend:
- Abruf personalisierter Antworten aus Policendaten und Korrespondenz,
- Omnichannel-Kommunikation in natürlicher Sprache,
- Sentiment-Analyse und bedarfsgerechte Eskalation,
- Echtzeit-Support in mehreren Sprachen.
Praxisbeispiel: Ein US-Krankenversicherer setzt einen GenAI-Chatbot ein. Ergebnis: 70 % automatisierte Bearbeitung bei 92 % Kundenzufriedenheit.

Weitere Anwendungsszenarien:
- Regulatorische Berichterstattung: Automatisierte, verständliche Dokumentation komplexer Entscheidungen.
- Broker Enablement: KI-gestützte Verkaufsargumente und Produktvergleiche in Echtzeit.
- Policenverwaltung: Vereinfachte Vertragsänderungen über dialogbasierte Schnittstellen.
Daten als Erfolgsfaktor
Alle genannten Anwendungsfelder beruhen auf einer zentralen Voraussetzung: der strukturierten Aufbereitung bislang unstrukturierter Daten.
„Man kann keine Wunder erwarten, wenn man PDF-Dateien ungefiltert in ein Modell einspeist”, warnt Cempulik. „Es braucht bereinigte, annotierte und kontextualisierte Daten sowie saubere Datenpipelines und klare Governance.”
Versicherer investieren daher in:
- OCR-Optimierung und Dokumentendigitalisierung,
- Datenanreicherung und Metadatenstrukturen,
- Wissensgraphen für semantisches Verständnis,
- KI-Governance zur Sicherung von Transparenz und Compliance.
Richtig umgesetzt, verbessern diese Maßnahmen nicht nur die KI-Performance, sondern schaffen auch die Basis für verlässliche, erklärbare und skalierbare KI-Systeme.
Fazit
Generative KI ist kein Zukunftsversprechen mehr – sie verändert die Realität in der Versicherungswirtschaft bereits heute: schneller, präziser, kundenorientierter. Doch die Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg ist klar: Nur wer seine Daten intelligent strukturiert und auf KI vorbereitet, wird von ihrer vollen Leistungsfähigkeit profitieren.
„Die wahre Disruption liegt nicht in der Technologie – sondern in der Fähigkeit, Daten so aufzubereiten, dass KI sie wirklich versteht und produktiv nutzt”, resümiert Cempulik.
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